Warum manche Menschen nicht miteinander auskommen – ein Blick durch die Brille von Persönlichkeitsmodellen
In unserem privaten wie beruflichen Alltag begegnen wir vielen Menschen, bei denen es sofort „klickt“, und wir verstehen uns auf Anhieb. Aber genauso oft treffen wir auf Personen, mit denen es einfach nicht passt – sei es bei Gesprächen, bei der Zusammenarbeit oder beim Smalltalk auf der gesellschaftlichen Bühne. Wer kennt das nicht: Die Kollegin oder der Kollege verzettelt sich in Detaildebatten oder wird immer gleich emotional, während man sich selbst für sachlich und lösungsorientiert hält. Mancher weiß aber auch, dass er selbst emotional argumentiert, hält aber andere bisweilen für kaltschnäuzig. Daraus entstehen nicht selten Konflikte, die scheinbar keinen Grund haben. Obwohl auf den ersten Blick alles stimmen könnte, harmoniert es eben doch nicht.
Im übertragenen Sinne funktioniert das auch bei der Öffentlichkeitsarbeit so: Der Claim, den die eine superspritzig und witzig findet, weckt bei anderen eher Unverständnis oder gar Langeweile. Sachliche Texte fesseln nur manche, genauso wie romantische.
Und wenn es dann mal wieder nicht „funkt“, stellen wir uns die Frage, woran das liegen mag. Die Antwort auf diese Frage liegt meist tiefer – zum Beispiel in den individuellen Persönlichkeiten der Menschen. Wir versuchen hier, der Frage mithilfe der Persönlichkeitsmodelle „Big-5“, „DISG-Modell“ oder des „Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI)“ auf den Grund zu gehen. Sie bieten interessante Erklärungsansätze, warum manche Menschen ohne erkennbaren Grund einfach nicht auf einer Wellenlänge kommunizieren. Alle drei Modelle sind in der Geschäftswelt sehr populär und führen zu unterschiedlichen Erkenntnissen.
DISG: Die vier Verhaltensstile
Das DISG-Modell unterscheidet vier „Grundtypen“ der Persönlichkeit: Dominanz (D), Initiative (I), Stetigkeit (S) und Gewissenhaftigkeit (G). Je nachdem, wie viel Punkte ein:e Kandidat:in in jeder Dimension erzielt, ist der zugeschriebene Typ vorwiegend dominanter, initiativer, stetiger oder gewissenhafter.
Aus diesem Modell ist z.B. folgendes Potenzial für Spannungen zu erkennen:
- Dominante vs. stetige Personen: Dominante Persönlichkeiten (D-Typen) werden als zielorientiert und direkt beschrieben. Sie wollen Ergebnisse sehen. Frustriert könnten sie von Stetigkeitstypen (S-Typen) werden, die sich mehr auf das Wohl der Gruppe und die Harmonie konzentrieren. Der D-Typ könnte den S-Typ als zu zögerlich empfinden, während der S-Typ den D-Typ als zu rücksichtslos wahrnimmt.
- Initiative vs. Gewissenhaftigkeit: Initiative Menschen (I-Typen) sind gesellig, offen und oft spontan, während Gewissenhafte (G-Typen) detailorientiert, präzise und strukturiert arbeiten. Diese Unterschiede können zu Spannungen führen, wenn der I-Typ als zu chaotisch und der G-Typ als zu pingelig wahrgenommen wird.
Dieses Modell wird in vielen Seminaren im Geschäftskontext vermittelt, da es leicht erfassbar ist und der eigene Typ durch Selbsteinschätzung bestimmt wird.
MBTI: 16 Persönlichkeitstypen
Auch der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) basiert auf vier Dimensionen, auf denen sich je zwei unterschiedliche Typen gegenüberstehen: Extraversion vs. Introversion, Intuitive Wahrnehmung vs. Empfinden, Denken vs. Fühlen, und Urteilen vs. Wahrnehmen. Die Kombinationen aus je einem der Pole ergeben insgesamt 16 verschiedene Persönlichkeitstypen, aus denen für jede Person eine Zuschreibung formuliert wird. Das persönliche Profil wird durch einen Fragebogen sowie einen Selbsteinschätzungszyklus gefunden. Nach diesem Modell entstehen viele Konflikte, weil die verschiedenen Typen die Welt völlig unterschiedlich wahrnehmen und bewerten, und v.a. in schwierigen Situationen Lösungen suchen, die für einen anderen Persönlichkeitstyp kaum nachvollziehbar sind.
- Denken (T) vs. Fühlen (F): Denktypen (T) orientieren sich beispielsweise stark an Fakten und gehen ihrer Meinung nach logisch vor, während Fühltypen (F) ihre Entscheidungen mehr auf emotionale und zwischenmenschliche Aspekte stützen. Ein Denktyp nimmt einen Fühltyp häufig als irrational oder gar als zu emotional wahr, während der Fühltyp den Denktyp als kalt oder unsensibel erlebt.
- Urteilen (J) vs. Wahrnehmen (P): Menschen mit einem Urteilscharakter (J) bevorzugen Struktur, Planung und klare Entscheidungen. Sie können schnell von Menschen genervt sein, die das Wahrnehmen bevorzugen (P), da diese eher spontan, flexibel und locker agieren. Der P-Typ fühlt sich durch den ständigen Drang zur Organisation eingeengt, während der J-Typ die Spontanität des P-Typs als chaotisch und unzuverlässig empfindet.
Big-5: Die fünf großen Persönlichkeitsfaktoren
Das Big-5-Modell gilt als eines der wissenschaftlich fundiertesten Persönlichkeitsmodelle. Es teilt die Persönlichkeit in fünf Dimensionen ein: Offenheit für neue Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. In diesem Modell rangiert jede Person in jeder Dimension auf einem individuellen Niveau, so dass sich für jede Person ein ganz eigenes Profil ergibt. Hier gibt es daher keine Einteilung in Typen. Unterschiede in den Dimensionen können schnell zu Missverständnissen und Konflikten führen.
- Verträglichkeit: Menschen, die einen niedrigen Wert in der Dimension Verträglichkeit zeigen, neigen eher zu Konfrontationen, sie äußern ihre Meinung direkt und sind weniger kompromissbereit. Jemand mit hoher Verträglichkeit hingegen versucht Konflikte zu vermeiden und verfolgt harmonische Begegnungen. Diese unterschiedlichen Ansätze können zu Spannungen führen, besonders wenn es um Entscheidungen oder Meinungsverschiedenheiten geht.
- Neurotizismus: Personen mit einem hohen Neurotizismus-Wert sind oft emotionaler und reagieren empfindlicher auf Stress. Sie könnten sich schnell angegriffen fühlen, was in Interaktionen mit Menschen, die sehr stabil und wenig emotional reagieren, für Unverständnis sorgen kann. Genauso werden aber Menschen mit niedrigem Neurotizismus-Wert als gefühlskalt und dominant empfunden.
Fazit: Verständnis und Akzeptanz als Schlüssel
Eine Einteilung in Persönlichkeitsmodelle wird eine Person niemals in ihrer Individualität erfassen können. Auch haben wir alle Anteile von allen Typenbeschreibungen.
Dennoch können Modelle wie die Big-5, DISG und MBTI helfen, sich selbst und andere besser zu verstehen. Indem wir unser Denken und Handeln hinterfragen, erkennen wir eigene Defizite eher und können das Handeln anderer besser einordnen. Dabei gilt es bei allen Persönlichkeitsmodellen zu beachten, dass kein Typ, kein Stil und kein persönlicher Wert besser oder schlechter ist. In jeder Ausprägung stecken Chancen und Herausforderungen, die sich eben unter anderem auch in der Begegnung mit anderen zeigen. Es liegt also nicht daran, dass jemand „falsch“ oder „schlecht“ ist, wenn wir uns nicht verstehen, sondern schlicht daran, dass wir alle unterschiedlich denken, fühlen und handeln. Ein tieferes Verständnis dieser Unterschiede kann dabei helfen, Konflikte zu vermeiden und Beziehungen – ob beruflich oder privat – erfolgreicher zu gestalten. Durch die Beschäftigung mit Persönlichkeitsmodellen steigen die Akzeptanz und der Respekt für die Individualität des anderen. Und nur so lassen sich Spannungen auflösen, bevor sie eskalieren.
Für uns als professionelle Kommunikatoren beinhaltet dieses Wissen, andere Denktypen in unseren Ideen für Texte, Slogans oder Events „mitzudenken“, verschiedene Kommunikationsstile einzubeziehen und – wenn es denn einmal zu Missverständnissen kommt – kurz innezuhalten und sich an die verschiedenen Kommunikationstypen zu erinnern.
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